Mein Name ist Franziska Quadri. Als Präsidentin des Vereins möchte ich meine persönlichen Erfahrungen mit Ihnen teilen. Vor einigen Tagen erhielt ich das erste Mal Cannabisblüten für die medizinische Anwendung aus der Apotheke – ein Wendepunkt in meinem Leben. Jahre lang habe ich dafür gekämpft. Nun ist es soweit. Ein befreiendes und erlösendes Gefühl, das erste Mal Cannabisblüten – legal gekauft – in den Händen zu halten. Jetzt bin ich nicht mehr kriminell und werde endlich ernst genommen. Es gibt immer noch Hindernisse und Stolpersteine, aber ich kann jetzt mit meiner Neurologin zusammen herausfinden, welche Dosierung und welche Einnahmeformen ich genau brauche. Das ist ein Meilenstein und wird nicht nur mein Leben sondern das Leben aller Cannabis Patientinnen und Patienten in der Schweiz verändern.
Im Jahr 2009 erlitt ich einen schweren Unfall, der mich zur Rehabilitation ins Paraplegikerzentrum in Nottwil führte. Dort wurde ich erstmals auf die Verwendung von Cannabis als Schmerzmittel aufmerksam. Einige der querschnittgelähmten Patientinnen und Patienten benutzten Cannabis zur Schmerzlinderung. Diese Beobachtung weckte meine Neugier und ließ mich ausprobieren, ob Cannabis auch mir helfen könnte. Ich kannte Cannabis vom Freizeitkonsum und war positiv überrascht über die Wirkung auf die neuropathischen Schmerzen. Und im Vergleich zu den anderen Schmerzmitteln waren die Nebenwirkungen moderat. Von da an war mir klar, dass Cannabis das Schmerzmittel meiner Wahl ist. Auch das Verbot konnte mich nicht davon abhalten. Die Schmerzlinderung war im Vergleich zu den pharmazeutischen Schmerzmitteln viel besser.
Nach kurzem Aufenthalt in Nottwil wurde ich auf meinen Wunsch hin ins Unispital Balgrist verlegt. Dort teilte ich immer wieder meine positiven Erfahrungen mit der medizinischen Anwendung von Cannabis hinsichtlich der Schmerzlinderung mit. Doch stieß ich auf kein Interesse, geschweige denn auf Unterstützung seitens der Ärzte und Ärztinnen. Ich musste mich über den Schwarzmarkt mit meinem Medikament eindecken.
Im Jahr 2012 erhielt ich dank der Hilfe eines befreundeten Arztes eine Sonderbewilligung vom Bundesamt für Gesundheit, die es mir ermöglichte, Cannabisextrakte aus der Apotheke zu beziehen und medizinisch anzuwenden. Die Kosten wurden von meiner Unfallversicherung gedeckt. Leider erwiesen sich die damals verfügbaren Tropfen als zu schwach und zu teuer für meine Bedürfnisse. Zusätzlich zur Einnahme von Tropfen benötigte ich auch Cannabisblüten. Die Inhalation über die Lunge wirkt schneller und hilft mir bei Schmerzspitzen. Cannabisblüten waren damals aber noch nicht erhältlich und aufgrund der hohen Preise der Extrakte bezog ich mein Cannabis weiterhin über den Schwarzmarkt und stellte meine Medikamente selber her. Das machte ich mehrere Jahre lang. Die illegale Beschaffung der Cannabisblüten war immer unsicher und psychisch sehr belastend. Die Sorgen um den Zugang zu meinem Medikament Cannabis, haben wir viele schlaflose Nächte bereitet.
Jetzt hat sich meine Situation endlich zum Besseren gewendet. Dank der Gesetzesänderung im Jahr 2022 ist es nun möglich, Cannabis direkt vom Arzt oder von der Ärztin verschrieben zu bekommen, ohne eine Sonderbewilligung einholen zu müssen. Endlich gibt es auch adäquate Cannabismedikamente und Cannabisblüten in den Apotheken. Dies ist eine bahnbrechende Veränderung, die hoffentlich das Leben der über 100'000 Patientinnen und Patienten, die bereits von der medizinischen Anwendung von Cannabis profitieren, verändern wird.
Es war mir wichtig, eine Neurologin zu finden, die nicht nur Interesse am Thema zeigt, sondern mir auch dabei hilft, eine Kostenübernahme von meiner Unfallversicherung zu bekommen. Meine jetzige Neurologin ist ein Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Cannabis in der Medizin (SGCM) und verfügt über das notwendige Wissen, um Cannabis korrekt zu verschreiben. Sie nimmt mich ernst. Das medizinische Fachpersonal im Unispital Balgrist war leider nicht bereit, mir zuzuhören und zu helfen, obwohl ich seit 14 Jahren dort in Behandlung bin. Das hat mich echt enttäuscht. Deswegen bin ich wirklich froh, eine kompetente Unterstützung gefunden zu haben, die bereit ist, meine jahrelange Erfahrung anzunehmen, um mit mir zusammen eine Lösung zu finden.
Trotz dieser positiven Entwicklungen gibt es immer noch viele Ärzte und Ärztinnen, die sich nicht für das Thema interessieren. Viele haben kein Wissen darüber und sind deswegen desinteressiert. Diese Situation stellt viele Patientinnen und Patienten vor große Herausforderungen. Oft werden sie nicht ernst genommen und mit ihrem Wunsch, Cannabis medizinisch auszuprobieren, alleine gelassen. Bestehen Sie auf Ihr Recht!
MEDCAN sorgt sich um die finanzielle Belastung vieler Betroffener durch die derzeit hohen Preise für medizinisches Cannabis, die die Schwarzmarktpreise übersteigen. Diese Kosten könnten zur Entstehung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Gesundheitsversorgung führen. Die Unterstützung von Krankenkassen und Versicherungen ist entscheidend, jedoch funktioniert die Kostenübernahme nicht bei allen Patientinnen und Patienten reibungslos. Es ist von großer Bedeutung, dass Fachkräfte umfassend über die medizinische Wirkung von Cannabis aufgeklärt werden, um sicherzustellen, dass Patientinnen und Patienten die angemessene Versorgung erhalten. Langfristig hoffen wir auf eine Senkung der Cannabispreise, um die Versorgung für alle Betroffenen erschwinglicher zu gestalten.
Zum Glück gibt es inzwischen einige Apotheken, die sich auf das Thema medizinische Anwendung von Cannabis spezialisiert haben und kompetente Beratung anbieten. Wir ermutigen solche Apotheken, sich bei uns zu melden, damit wir diese an die betroffenen Patientinnen und Patienten weiterempfehlen können. Der Verein MEDCAN wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass sich eine gerechte und erschwingliche medizinische Cannabis-Versorgung entwickelt. Werden Sie Mitglied Werden Sie Mitglied oder unterstützen Sie uns mit einer Spende. So können wir unsere Bemühungen verstärken, das Bewusstsein für dieses wichtige Thema zu schärfen und Aufklärung zu betreiben.
Für interessierte Patientinnen und Patienten gibt es auch eine Telegramm-Gruppe, in der alle Fragen zum Thema medizinische Anwendung von Cannabis gestellt werden können. Dort hilft die vereinte Cannabis-Community den Betroffenen, Lösungen und Unterstützung zu finden. Trotz der Herausforderungen und Schwierigkeiten, denen wir begegnen, überwiegen die Hoffnung und die Vorfreude auf eine Zukunft, in der die medizinische Anwendung von Cannabis für alle, die es benötigen, zugänglich und erschwinglich ist.