Cannabinoid Conference 2022
Trotz Revision noch vieles unklar
Bis anhin mussten sich in der Schweiz über 100'000 kranke Menschen selber illegal mit Cannabis behandelt. Das schätzt das Bundesamt für Gesundheit. Nur einige tausend beziehen Cannabisarzneimittel aus der Apotheke – neu nun ohne Bewilligung. Diese Produkte sind aber immer noch limitierten und teuer. Eine Therapie ausgerichtet auf die eigenen Beschwerden mit verschiedenen Einnahmeformen und Cannabissorten ist noch nicht möglich. Das sollte sich jetzt aber ändern.
Verschreibung über Magistralrezeptur
Die Verantwortung für die Behandlung liegt nun beim ärztlichen Fachpersonal. Die Ärztin oder der Arzt kann Cannabis über eine Magistralrezeptur verschreiben. Dieses zulassungsbefreite Cannabisarzneimittel wird dann in der Apotheke für die Patientin bzw. den Patienten nach ärztlichem Rezept hergestellt. Das schreibt die Schweizerische Gesellschaft für Cannabis in der Medizin in der Ärztezeitung. So sollten zukünftig also individuell angepasste Cannabisextrakte erhältlich sein. Und hoffentlich werden auch andere Einnahmeformen wie Salben oder Zäpfchen möglich. Die Betroffene wünschen sich auch wie in Deutschland Cannabisblüten zum Vaporisieren. Der Entscheid, ob diese Einnahmeform in der Schweiz medizinisch verfügbar gemacht wird, liegt im Moment bei den Kantonsapothekerinnen und -apotheker. Sobald wir mehr wissen, informieren wir.
Fehlende ärztliche Ausbildungen
Das Problem ist nun, dass die Ärztinnen und Ärzte ein ungenügendes Wissen über die medizinische Anwendung haben. Das ist verständlich. In ihrer Ausbildung lernen sie noch nichts über Cannabis in der Medizin. Das neue Gesetz setzt nun aber auf deren Fachwissen. Sie müssen auf der Magistralrezeptur genaue Angaben zu den Inhaltstoffen (z.B. THC/CBD-Verhältnis) machen und wissen nicht, welche Cannabisarzneimittel sich für welche Beschwerden eignen. Das sind schwierige Voraussetzungen für die Verschreibung und hält viele davon ab, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Sie fühlen sich unsicher und scheuen den Aufwand, sich das Fachwissen anzueignen. Ohne das Engagement der Ärztinnen und Ärzte ist der Zugang aber nicht möglich. Auf der anderen Seite sind die kranken Menschen, die sich schon seit Jahren selber helfen und genau wissen was sie tun. Sie haben viel Erfahrung. Diese Patientinnen und Patienten sind nun auf ärztliche Unterstützung angewiesen. Hier muss also ein verständnisvolles Gespräch gesucht werden. Gerne geben wir Ihnen ein paar Tipps, wie Sie vielleicht mit Eigeninitiative zu einem Cannabisarzneimittel kommen.
Bestehen Sie auf Ihr Recht, Cannabis medizinisch anzuwenden
Viele erzählen uns, dass sie trotz des neuen Betäubungsmittelgesetzes nicht ernst genommen werden. Das braucht noch Zeit. Beharren Sie aber höflich und bestimmt auf ihr Recht und verweisen Sie auf das neue Gesetz. Dieses bestätigt ganz klar den medizinischen Nutzen. Und bitten Sie Ihre Ärztinnen und Ärzten sich weiterzubilden. Es gibt heute gute Möglichkeiten. Am 21. und 22. Oktober findet in Basel die 12. IACM Conference on Cannabinoids in Medicine statt. Dort kann man sich über die medizinischen Anwendungen von Cannabis informieren und die wichtigen Expertinnen und Experten zum Thema zu hören. Und diesen Sommer wurde auch wieder die Interprofessionelle Fortbildung Cannabis als Medikament «From plant to patient» von der Ostschweizer Fachhochschule durchgeführt. Es gibt noch keine neuen Daten, aber bei Interesse fragen Sie doch nach einer Wiederholung der interessanten Fortbildung.
Erzählen Sie uns Ihre Erfahrungen
Haben Sie einen Weg gefunden? Erhalten Sie legale Cannabisarzneimitteln? Welche sind es? Wie sind Sie vorgegangen? Dürfen Sie uns ihre Ärztin oder ihren Arzt nennen? MEDCAN sammelt Informationen und gibt sie den Patientinnen und Patienten weiter. So können wir uns in der Anfangsphase des neuen Gesetzes gegenseitig helfen, die Ärztinnen und Ärzte unterstützen und die Wissenlücken schließen. Cannabis ist für viele chronisch Kranke einen Segen. Es kann gegen verschiedenste Krankheiten und Beschwerden angewendet werden. Aus diesem Grund sind auch noch nicht für alle Indikationen Studien über die Wirksamkeit und Dosierung vorhanden. Weltweit gibt es aber unzählige Erfahrungsberichte und Verlaufsstudien, die über erfolgreiche Behandlungen ohne langfristige Nebenwirkungen berichten. Gerade in der Substitution von Opiaten und in der Schmerztherapie ist Cannabis sehr hilfreich.
Zugang nur möglich, wenn der Preis sinkt
Das neue Betäubungsmittelgesetz ist da und wie aufgezeigt, sind noch Fragen offen. Wir hoffen sehr, dass sich diese in den nächsten Monaten beantworten. Abonnieren Sie unseren Newsletter, folgen Sie uns auf Social Media oder kommen Sie an unsere Patiententreffs. Dort geben wir die neuesten Informationen weiter. Eine der grössten Sorgen der Betroffenen ist aber immer noch der Preis. Werden die Cannabisarzneimitteln von den Krankenkassen nicht bezahlbar, entsteht ein Zweiklassengesellschaft und nur die Reichen können sich die Produkte leisten. Für kranke Menschen ist es schwierig, Medikamente selber zu bezahlen. Derzeit werden Cannabisarzneimittel nicht von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) vergütet. Das wird sich wohl auch nicht so schnell ändern. Deswegen fordert MEDCAN den Eigenanbau für Patientinnen und Patienten. Eine wissenschaftliche Erfassung der Erfahrungen des Selbstanbaus und der Selbstmedikation würde für die Zukunft auch Evidence schaffen.
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