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Cannabisblüten von der Neurologin – ein erster Erfahrungsbericht

Wow! Schon fast ungläubig las ich im Dezember 2022 folgendes in der Zeitung: «Medizinische Cannabisblüten sind neu in Schweizer Apotheken für Patientinnen und Patienten zugänglich». Ich hatte gerade mit ununterbrochen heftigsten Schmerzschüben von schon mehr als zwei Wochen zu kämpfen. Meine verschriebenen THC/CBD-Tröpfchen waren bereits leer. Ich nehme sie nur im Notfall, wenn ich es gar nicht mehr aushalte, weil sie so teuer sind. Es war schon lange mein Ziel mein Rezept von den teuren und für mich zu schwachen Tropfen auf Blüten zu wechseln. So kann ich die Wirkung optimieren und die Kosten senken.

Zuerst recherchierte ich auf eigene Faust im Internet, ob schon Informationen zur medizinischen Verschreibung von Cannabisblüten vorhanden sind. Und dann tauschten wir uns auch im Verein MEDCAN und am Januar-Patiententreffen über das beste Vorgehen für eine Verschreibung aus. Bei meinen Nachforschungen fand ich nur wage Informationen, was Schweizer Patientinnen und Patienten in Zukunft ungefähr erwarten können. Als ich mir jedoch sicher war, dass es tatsächlich möglich ist, nahm ich unverzüglich Kontakt mit meiner Neurologin auf. Sie willigte sofort ein, mein Rezept auf Blüten umzuschreiben. Auch sie hatte gerüchtweise gehört, dass das nun möglich sein sollte. Gemeinsam trugen wir zusammen, was wir bereits wussten.

Es ist noch nicht viel bekannt

Wir fanden den Namen eines der Schweizer Produzenten heraus und dass diese Blüten zurzeit noch aus Dänemark und den Niederlanden importiert werden, bis die Schweizer Medizinal-Blüten soweit sind. Und sowohl der Neurologin als auch mir war klar, dass wie gewohnt die Krankenkasse die Kosten auch bei den Cannabisblüten nicht tragen werden. Das ist aber kein Hindernis. Bezahle ich doch schon seit mehr als einem Jahr die verschriebenen Cannabistropfen selber. Also werde ich auch vorläufig die Cannabisblüten selber bezahlen müssen. Davon gehe ich aus. Umso wichtiger ist es, dass der Preis der Blüten bezahlbar ist.

Neues Betäubungsmittelgesetz, aber keine Informationen

Ich bin schon verwundert darüber, dass die Schweiz nun ein neues Gesetz hat und die Ärztinnen und Ärzte, Cannabis direkt verschreiben können, aber niemand darauf vorbereitet ist und weiss, wie das gemacht wird. So wird den Betroffenen nicht geholfen und das Problem nicht gelöst. Also warte ich weiterhin geduldig und schaue nun aber vorfreudig und gespannt in die Zukunft, wie es weitergeht.

Meine Realität sind tägliche Schmerzen

Warten ist aber eigentlich keine Option. Die Schmerzen geben im Moment alles, ein neues Fläschen mit Tropfen will ich jedoch nicht extra kaufen, da ich ja ein neues, stärkeres Medikament in Aussicht habe – die Cannabisblüten. Durchhalten und mich weiterhin am Schwarzmarkt bedienen, hilft auch nur bedingt und ist riskant für meine Gesundheit. Diese Unsicherheit möchte ich ja endlich ändern und einen sicheren und kontrollierten Zugang bekommen. Durch die Verschreibung der Cannabisblüten habe ich die Hoffnung, dass ich in Zukunft die passende Sorte finde, die mir hilft die Symptome meiner Krankheit zu lindern und meinen Körper optimal zu therapieren.

Welche Cannabisblüten kommen auf dem Markt?

Cannabis Patientinnen und Patienten brauchen verschiedene Cannabissorten und Einnahmeformen. Das sieht man im Ausland. Ich weiß was ich brauche und deswegen stelle ich mir einige Fragen? Welche «Strains» können verschrieben werden? Wird dabei auf das Terpenprofil geachtet? Wird die Abgabe patientenfreundlich sein? Werde ich verschiedene Blüten verschrieben bekommen, welche auf meine aktuellen Tagesverfassungen und Bedürfnissen angepasst sind? Solche Sachen sind mir wichtig. Ich möchte kein Rezept haben und die Kosten für Cannabisblüten bezahlen, die nicht richtig wirken.

Grosser Aufwand für meine Neurologin

Meine Neurologin meldete sich nun im Januar 2023 wieder mit weiteren Informationen. Jetzt wissen wir mehr: Preislisten, Verfügbarkeiten und Lagerbestände, Einkaufspreis (5 g à 80 CHF), Qualität (PHH, GID), Anbauland NL und die Potenz von 24% (variabel zwischen 20% bis 28%). Dosierungsangaben müssen durch meine Neurologin erfolgen. Und das ist der nächste Knackpunkt. Sie hat keine Erfahrung und ist dadurch unsicher mit der Dosis. Sie empfahl mir deswegen jemanden zu suchen, der eine Dosierungsangabe für meine Diagnose machen kann. Ich intervenierte sofort und mache darauf aufmerksam, dass wenn wir uns jetzt nicht trauen den ersten Schritt zu wagen, meine Chance zunichte gemacht wird, endlich ein konstantes Medikament für meine Bedürfnisse zu finden. Das im Moment gerade mal eine Sorte angeboten wird, übersehe ich jetzt einfach mal grosszügig. Ausserdem wollte ich mir eine erneute Odysee ersparen. Meine Neurologin war ja mehr als gewillt und überzeugt, mir die Cannabisblüten zu verschreiben. Ich wollte nicht noch mal jemanden suchen.

Zusammenarbeit zwischen Ärztin und Patientin ist der Schlüssel

Ich liess nicht locker und so besprachen wir weitere Schritte. Sie wollte genau wissen, wie ich die Blüten vom Schwarzmarkt zu mir nehme und wie ich diese dosiere. Ich erzählte ihr von den Vorteilen des Vaporisierens und war transparent mit meinem Konsumverhalten. Sie weiss von meinen Joints, Vapes, Edibles und von der ungefähren Menge, die ich zu mir nehme. Diese kann ich zwar selber ohne Labortest auch nur schlecht abschätzen. Ich habe wirklich das Gefühl, dass sich meine Neurologin für das Thema interessiert und auf mich eingeht. Dazu kommt, dass meine Krankheit eher unbekannt ist und somit Dosierungsempfehlungen fehlen. Sie versprach mir, sich Gedanken über eine geeignete Dosierung zu machen, da sie noch Sicherheitsfragen beschäftigen. Kann ich insofern nachvollziehen, weil sie die Verantwortung trägt. Ich persönlich verstehe die Bedenken nicht. Ich warte jetzt auf Ihren Vorschlag.

Weitere Details zur Verschreibung der Blüten

Meine Neurologin fand inzwischen weitere wichtige Infos heraus. Die Abgabe der Blüten erfolgt in abgefüllten Kapseln. Diese werden vor dem Vaporisieren geöffnet. Ich hatte zwar im Voraus darauf aufmerksam gemacht, dass die Blüten in der Apotheke unter keinen Umständen zerkleinert werden dürfen, damit ich keinen Qualitätsverlust habe. Damit muss ich jetzt wohl aber zuerst leben. Sie wollen mit diesen Kapseln sicherstellen, dass ich die richtige Dosierung erhalte. Das heisst für mich jetzt mal: 20 g à 50 Kapseln mit THC-Gehalt von 100 mg. Kostenpunkt ca. 650 CHF.

Hohe Kosten, wenig Auswahl – aber ein Anfang

Der angekündigte Preis ist für mich sehr hoch. Egal, da muss ich jetzt durch. Ich möchte eine legale Bezugsquelle. Ich hoffe natürlich auf eine Anpassung der Preise und vor allem, dass die Krankenkassen anfangen umzudenken und Patientinnen und Patienten bei einer Cannabistherapie finanziell zu unterstützen. Sonst werde ich mir in Zukunft die legalen Cannabisblüten nicht leisten können.

Ich warte weiter auf die Verschreibung

Es ist Ende Januar, genauer gesagt Montag, 30. Januar 2023. Warum ich dies so explizit betone? Seit heute kann man in Basel Cannabis für den Freizeitkonsum in Apotheken über ein Projektprojekt beziehen. Das ist wirklich ein Tag der Freude. Ich hätte nicht geglaubt, dass das in der Schweiz so schnell möglich sein wird. Derweil warte ich immer noch auf Bescheid für mein medizinisches Cannabis. Als Patientin stösst mir dieser Fakt doch etwas säuerlich auf. Wie kann das sein? Meiner Meinung nach hätten Patientinnen und Patienten bevorzugt behandelt werden sollen. Die Freizeitkonsumenten profitieren vom Wandel, während die kranken Menschen ungeduldig warten. Das ist nicht fair!