Die Cannabis-Geschichte – zwischen Verbot und Legalisierung
Die Geschichte der vielseitigen Pflanze
Cannabis wurde seit Tausenden von Jahren in verschiedenen Kulturen für eine Vielzahl von Anwendungen genutzt. Von medizinischen Behandlungen bis hin zur Herstellung von Textilien und Seilen hatte Cannabis eine breite Palette von Verwendungsmöglichkeiten. In der Schweiz war Cannabis zu Beginn des 20. Jahrhunderts weit verbreitet und wurde in Apotheken für medizinische Zwecke verkauft. Dieser positive Einsatz unterschied sich stark von seiner späteren Kriminalisierung.
Der Beginn der Prohibition
In den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts begann sich die öffentliche Meinung über Cannabis zu ändern, insbesondere in den USA. Dies geschah aufgrund von Desinformationen und der ungerechten Verbindung von Cannabis mit Einwanderern und marginalisierten Gemeinschaften. Sensationslustige Medienberichte und die allgemeine Unwissenheit über die Wirkungen von Cannabis trugen zu einer Atmosphäre der Angst und Paranoia bei, die schließlich zur Prohibition führte.
Ein Auto aus Hanf
Henry Ford begann bereits 1910 mit Experimenten zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe wie Hanf zur Herstellung von Kraftstoffen und Kunststoffen. Im Jahr 1941 präsentierte er das Hemp Car als das «Auto der Zukunft». Die Karosserie bestand aus einer innovativen Mischung von Hanf- und Sojafasern, die erheblich stoßfester als Metall waren. Das Hemp Car wog nur 900 Kilogramm, etwa 450 Kilogramm weniger als Autos mit herkömmlichen Metallkarosserien. Trotz vielversprechender Eigenschaften wurde das Hemp Car überraschenderweise bereits Ende 1941 eingestellt. Spekulationen über Konflikte zwischen Agrarkultur und Industrialisierung sowie Interessen der Baumwoll- und Hanfindustrie stehen im Raum. Das Hemp Car bleibt ein Zeugnis von Henry Fords visionären Ideen für eine nachhaltigere Welt mit Hanf als wichtigen Rohstoff. Hypothetisch betrachtet, stellt sich die Frage, wie unsere Welt heute aussehen könnte, wenn Hanf nicht verboten und solche Innovationen weiterverfolgt worden wären.
Rassismus und wirtschaftliche Interessen
Harry J. Anslinger, ein Bürokrat mit rassistischen Tendenzen, spielte eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Cannabisgesetzgebung in den USA. Er führte eine aggressive Kampagne gegen Cannabis, die rassistische Vorurteile schürte und zu einer rassistisch diskriminierenden Strafverfolgung von Cannabisdelikten führte. Anslinger verbreitete falsche Informationen über die Wirkungen und behauptete, es führe zu Gewalt und Wahnsinn. Gleichzeitig gab es wirtschaftliche Interessen, die die Kriminalisierung von Cannabis beförderten, da es als Bedrohung für die aufkommende Kunststoff- und Papierindustrie angesehen wurde. Der damalige Schweizer Bundesrat Philipp Etter hatte 1951 in seiner Rede vor dem Parlament die Falschaussagen über Hanfkonsum von Harry J. Anslinger, Chef des amerikanischen Drogendezernats, übernommen. Die Ansicht Etters führte damals – nach dem Zweiten Weltkrieg noch unter Notrecht – zum Verbot und damit zum Verschwinden der heimischen Kultur- und Medizinalpflanze Hanf. Die aus den USA geschürte Angst vor dem «Teufelskraut» war so ansteckend, dass Cannabis in der Schweiz ohne wissenschaftliche Grundlage verboten wurde. In der Meinung: Wer Marihuana raucht, wird süchtig, und Drogensucht ist eine Gefahr für den Staat.
Internationale Abkommen und medizinische Forschung
Das Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel von 1961 der Vereinten Nationen festigte das weltweite Verbot, indem es Cannabis als besonders gefährlich einstufte und streng regulierte. Dies ignorierte die nuancierten Aspekte der Pflanze und ihre medizinischen Potenziale. Trotz bekannter therapeutischer Eigenschaften wurde die medizinische Forschung an Cannabis durch das Verbot massiv behindert, was Millionen von Menschen jahrzehntelang potenzielle Behandlungsoptionen vorenthielt.
Harry Anslinger und seine Marihuana-Lügen
Nach dem Tod von Harry Anslinger wurde sein sogenanntes «Archiv» gesichtet, das rund 200 Horrorstorys aus Boulevardzeitungen enthielt. Historiker haben diese Geschichten genauer unter die Lupe genommen und festgestellt, dass 198 von ihnen entweder falsch oder schlichtweg erlogen waren. Anslinger war bekannt für seine zweifelhaften Methoden zur Verbreitung von Falschinformationen über Marihuana und trug so zur Entstehung von Vorurteilen gegenüber der Substanz bei. Bis heute gilt in vielen Ländern ein Verbot, das auf diesen Lügen aufgebaut ist. Diese Ansichten müssen auf internationaler Ebene überdacht und geändert werden.
Der Wandel der Cannabisgesetzgebung in der Schweiz
In den Jahren nach 2000 änderte sich die Schweizer Cannabispolitik stark. In dieser Zeit entstanden «Hanfshops», die Duftsäckchen und Badezusätze verkauften, aber in Wirklichkeit Cannabisblüten für den Konsum anboten. Dies führte zu einer kurzen Periode, in der der Erwerb von Cannabis in der Schweiz legal war. Obwohl die Volksinitiative «Für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz» im Jahr 2008 abgelehnt wurde, löste sie eine wichtige Debatte über den Cannabiskonsum aus. 2011 erfolgte ein bedeutender Schritt in Bezug auf die medizinische Verwendung. Ärztinnen und Ärzte erhielten die Befugnis, Cannabis zur Behandlung spezifischer Erkrankungen mit einer Sonderbewilligung des Bundesamts für Gesundheit zu verschreiben. Der entscheidende Fortschritt kam jedoch 2022 durch eine weitere Gesetzesänderung. Heute sind ausschließlich medizinische Fachkräfte für die Verschreibung von Cannabis verantwortlich und können es zur Behandlung einer breiten Palette von Erkrankungen einsetzen. Diese Änderung zielt darauf ab, Patientinnen und Patienten einen besseren Zugang zu dieser Therapieoption zu ermöglichen. Diese Entwicklung ist ein Meilenstein und unterstreicht die zunehmende Akzeptanz für die medizinische Anwendung von Cannabis. Aktuell laufen auch Pilotprojekte zur kontrollierten Abgabe von Freizeit-Cannabis in der Schweiz. Diese Projekte sollen einen Weg in eine mögliche zukünftige Legalisierung aufzeigen.
Jüngste Entwicklungen und der Kampf gegen das Stigma
In den letzten Jahren hat sich die Welt zunehmend bewusst gemacht, welches Leid das Cannabisverbot für viele Patientinnen und Patienten verursacht hat. Viele, die auf Cannabis als Medikament angewiesen sind, haben aufgrund des anhaftenden Stigmas und der Kriminalisierung unverhältnismäßig gelitten. Diese Menschen haben es gewagt, ihre Geschichten und Erfahrungen zu teilen, und dies hat maßgeblich dazu beigetragen, die öffentliche Meinung zu beeinflussen und den Weg für Reformen zu ebnen.
Die Rolle der Patientenorganisationen
Patientenorganisationen wie der Verein MEDCAN spielen eine entscheidende Rolle in diesem Wandel. Sie setzen sich leidenschaftlich in verschiedenen Ländern dafür ein, das Stigma zu bekämpfen und Fehlinformationen zu widerlegen. Die Mitglieder dieser Organisationen sind oft Menschen, die aus erster Hand die positiven Auswirkungen der medizinischen Anwendung von Cannabis erfahren haben. Sie sind aktive Befürworter der Legalisierung und arbeiten hart daran, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Damit auch international etwas ändert und die Rechte und Interessen der Patientinnen und Patienten weltweit geschützt werden, wurde der IACM Patient Council ins Leben gerufen. Gemeinschaftlich versucht diese internationale Koalition von Patientenorganisationen auf weltweiter Ebene den Betroffenen eine Stimme zu geben und die Meinung über Cannabis in der Medizin zu ändern. Auch MEDCAN hat einen aktiven Part in dieser Koalition eingenommen und nimmt regelmäßig an den Sitzungen teil. Hier finden Sie die Webseite des IACM Patient Councils.
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