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Der Medical Cannabis Social Club

Ein Erfahrungsbericht einer Schweizer Cannabis-Patientin, die den Winter in Spanien verbringt oder wie eine medizinische Versorgung auch funktionieren würde.

P1050455Da ich nach einem schweren Unfall querschnittgelähmt bin und unter starker Spastik und neuropathischen Schmerzen leide, ist der Winter in der Schweiz für mich die Hölle. Seit drei Jahren verbringe ich ihn deswegen jeweils in Teneriffa auf den kanarischen Inseln. Mein Winterdomizil habe ich nicht nur ausgewählt, weil ich hier Freunde habe, sondern auch, weil Cannabis in Spanien legal erhältlich ist, wenn man Mitglied in einem Social Club ist. Diese Clubs bewegen sich zwar rechtlich in einem Graubereich, aber im Moment, wenn sie sich an gewisse Regeln halten, dürfen sie Cannabis an ihre Mitglieder verkaufen.

Vor meiner ersten Reise habe ich einen solchen Social Club im Internet heraus gesucht und mit einem der Mitglieder Kontakt aufgenommen. Dieser versprach mir, dass ich mein Medikament bei ihnen kaufen könne. Beruhigt fing ich an meine Reise zu planen und alles vorzubereiten. Kurz vor meiner Abreise schrieb ich ihm nochmals, aber er meldete sich nicht mehr. Da Cannabis inzwischen fast mein einziges Medikament ist und ich die Schmerzen ohne kaum aushalte, war ich nun total gestresst. Ich brauche auch ziemlich grosse Mengen und ich machte mir ernsthaft Sorgen, wie und woher ich nun Cannabis bekommen sollte. Die Reise war aber gebucht und das Abenteuer ging los. Es gab kein zurück.

In Spanien angekommen machte ich mich dann sofort zusammen mit meinen Eltern auf die Suche nach einem anderen Cannabis Social Club, um so schnell wie möglich mein Medikament zu bekommen. Glücklicherweise fanden wir gleich auf Anhieb einen beim Spazieren durch eines der Städtchen. Da er sich aber im Obergeschoss befand, war es für mich mit dem Elektrorollstuhl nicht möglich selber vorbei zu gehen und zu fragen. Deswegen übernahmen das meine Eltern. Sie wurden aber nicht hereingelassen und ziemlich unfreundlich wieder weggeschickt. Fremde waren hier ganz klar nicht erwünscht. Da ich aber unbedingt eine Lösung finden musste, probierten sie es noch einmal. Beim zweiten Mal, zwar immer noch total genervt, gab der Türsteher meiner Mutter dann aber eine Telefonnummer eines Medical Cannabis Social Club.

Ich nahm telefonisch Kontakt auf und bin nun seit drei Jahren für 50 € im Jahr Mitglied des Clubs. Seit ich diese Nummer habe, befinde ich mich im Cannabis-Patienten-Himmel. Ich kann nun telefonisch Cannabis-Öl-Kapseln in der richtigen Dosierung für mich bestellen. Zudem bekomme ich verschiedenen Sorten Cannabis-Blüten. Ich kann ausprobieren, welche Sorte gegen meine Schmerzen am besten wirkt. Der Chef des Clubs weiss wovon er redet und hat mich kompetent auf Englisch beraten. Er ist sehr zuverlässig, was für mich oft auch ein Problem war, wenn man sein Medikament auf illegalem Wegen besorgen muss.

Ich gebe nun monatlich ca. 800 € für mein Medikament aus. Ich kann ganz entspannt eine Woche bevor die Kapseln zu Ende sind, die neue Ration für den nächsten Monat bestellen. Und da ich inzwischen eine gute Kundin bin, wird mir mein Medikament zum Teil sogar nach Hause geliefert. Genauso sollte es doch sein!

Nun bin ich wieder in der Schweiz und der Beschaffungsstress beginnt von vorne. Ich habe zwar eine Sonderbewilligung vom Bundesamt für Gesundheit und mir werden sogar zwei Flaschen Cannabistinktur (Fr. 1100.–) von der Unfallversicherung bezahlt, aber diese sind viel zu schwach und reichen nicht mal für eine Woche. Cannabisblüten erhält man in der Schweiz nicht legal. Also muss ich mir wieder jeden Monat überlegen, wie und woher ich mein Medikament bekomme. Und wie gut die Qualität ist, weiss ich auch nicht. Meistens bin ich froh, dass ich etwas habe und mal einen Moment nicht darüber nachdenken muss, woher ich das nächste Mal mein Medikament kriege. Das ist ein enormer, psychischer Stress und eigentlich habe ich doch schon genug zu kämpfen mit den permanenten Schmerzen.

Ich wünsche mir auch für die Schweiz, dass es den Patienten erlaubt wird, ihr Medikament selber anzupflanzen. Dann könnten wir uns in Vereinen organisieren. Solange Cannabis als Medikament von den Krankenkassen und Versicherungen nicht bezahlt wird, muss es den Patienten ermöglicht werden, ihr Medikament so billig wie möglich herzustellen. Das geht nur, wenn wir es selber anpflanzen dürfen.