Medizinische Verschreibung von Cannabis – eine Bilanz nach 258 Tagen
Die Patientinnen und Patienten haben erreicht, dass der medizinische Nutzen von Cannabis anerkannt ist. Das ist ein Meilenstein. Die medizinischen Fachpersonen müssen sich jetzt mit dem Thema auseinandersetzen. Cannabis ist eine Therapieoption – wie jedes andere Medikament auch. Das haben die Betroffenen gefordert und erreicht. Leider hat sich in der Praxis noch nichts geändert. Es sind zwar zusätzlich einige neue Cannabisprodukte sowie Cannabisblüten – auch von Schweizer Produzenten – auf dem Markt, die Preise sind aber immer noch teuer und die medizinischen Fachpersonen wissen nicht Bescheid. Man findet keine Ärztin oder Arzt für die Verschreibung und auch in den Apotheken herrscht noch vieler Orts Unwissen. Es gibt nur wenig Erfahrungen und deswegen stehen viele Fachpersonen dem Thema skeptisch gegenüber. Darum braucht es dringend Ausbildung und noch mehr wissenschaftliche Evidenz.
Viele Herausforderungen und hohe Kosten
Neben den Schwierigkeiten mit der Verschreibung sind auch die Kosten ein Problem. Cannabis wird oft nur von den Krankenkassen übernommen, wenn man eine Zusatzversicherung hat. Viele kranke Menschen sind nicht in der Lage ihre Medikamentenkosten selber zu bezahlen. Deswegen ist es wichtig, dass auch Krankenkassen und Versicherungen den Nutzen von Cannabis anerkennen. In der Schweiz gibt es über 100’000 Personen, die es jetzt schon illegal medizinisch einsetzen – das schätzt das Bundesamt für Gesundheit. Leider hat man bei der Änderung des Betäubungsmittelgesetzes nicht überlegt, wie man diese Menschen in einen legalen Konsum überführen kann. Solange die Preise den Schwarzmarkt übersteigen, wird es vielen nicht möglich sein, sich Cannabis legal verschreiben zu lassen. Für einige ist nur der Eigenanbau finanzierbar. Im Moment wird aus Cannabis ein teures Medikament gemacht. Das darf nicht sein. MEDCAN wehrt sich gegen eine Zweiklassenmedizin.
Neuorientierung des Vereins
Seit der Gründung war die Hauptforderung von MEDCAN, dass Cannabis für die Anwendung in der Medizin legal wird. Das ist jetzt erreicht. Deswegen haben wir uns in den letzten Wochen neu orientiert. Der Verein ist nun nicht mehr in der «Opposition» sondern möchten aktiv dazu beitragen, dass die Gesetzesänderung sinnvoll umgesetzt wird. Wir beobachten im Ausland, dass zwar neue Gesetze beschlossen werden, die Patientinnen und Patienten den legalen Zugang dann aber doch nicht finden. Das will MEDCAN in der Schweiz verhindern. Deswegen setzen wir auf Zusammenarbeit mit medizinischen Fachpersonen, Fachverbänden, Politik und Industrie. Wir geben unsere Erfahrungen weiter und setzen uns für die Interessen der Betroffenen ein. Unsere Vision ist es, eine stabile Organisation aufzubauen, die sich für Cannabis in der Medizin einsetzt und zwar so, dass es den Patientinnen und Patienten hilft. Wir sehen uns als Stimme der über 100’000 Personen, die Cannabis schon medizinisch einsetzen.
Es braucht Eigeninitiative für eine Verschreibung
Momentan muss man als Patientin oder Patient immer noch einen grossen Aufwand betreiben, um zu einer Verschreibung zu kommen. Beim letzten Online-Patiententreff haben fünf Betroffene ihre Geschichten erzählt. Nur einer hat nach anfänglicher Mühe ein Rezept für ein Cannabisextrakt bekommen. Dieses wird auch von der Krankenkasse bezahlt. Die vier anderen Personen, die sich Blüten verschreiben lassen wollten, waren noch nicht erfolgreich und warten noch. Wir werden weiterhin berichten. Wenn man dann endlich das Rezept hat, stellen viele fest, dass sie sich die Cannabis-Medikamente gar nicht leisten können. Das führt dazu, dass sie weniger nehmen und zusätzlich mit illegalem Cannabis dazu dosieren. So war die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes nicht gedacht.
Informieren Sie sich
Das ist im Moment die einzige Empfehlung, die MEDCAN weitergeben kann. Informieren Sie sich über die Preise und die Produkte, damit Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt eine optimale Lösung für sich selber finden. Das machen Sie momentan am besten durch den Austausch mit anderen Betroffenen und deren Erfahrungsberichten. Zum Beispiel an einem unserer MEDCAN-Treffen oder auf unserer neuen Informationsaustausch-Plattform bei Telegramm. So besteht die Möglichkeit, die schnell verändernden Infos zu sammeln und allen zur Verfügung zu stellen. Treten Sie der Gruppe bei, tauschen Sie sich mit anderen aus und helfen Sie uns, relevante Informationen zusammenzutragen.
Krankenkassen und Versicherungen
Sammeln Sie Informationen und Überzeugungsargumente, um auf Ihre Krankenkasse oder Versicherung zu zugehen, wenn Sie mit Cannabis Erfolg haben und eine Kostenübernahme möchten. Die Betroffenen können ihre Lebensqualität verbessern und haben dabei eine finanzielle Unterstützung verdient. MEDCAN weiss wie wichtig die Akzeptanz seitens der Krankenkassen ist. Diese Überzeugungsarbeit steht ganz oben auf der Prioritätenliste des Vereins. Das ist aber eine Herkulesaufgabe. Es wird eine Weile dauern, bis das Thema Cannabis in der Medizin einen Platz gefunden hat. Aber wir sind nicht untätig. Es gibt Bestrebungen eine Datenbank aufzubauen und wissenschaftliche Evidenz zu sammeln. Die Erfahrungen der Patientinnen und Patienten sollen erfasst werden, um in Zukunft mit gesammelten Argumenten auf die Krankenkassen zu gehen zu können. Speziell freut uns, dass MEDCAN bei diesem Projekt mitarbeiten darf. Unsere Erfahrungen werden den medizinischen Fachpersonen helfen.
Cannabistherapie für chronisch Kranke ein Segen
Trotzdem ist wichtig zu sagen, Cannabis ist kein Wundermittel. Es ist aber ein Heilmittel, das schon seit Jahrtausenden angewendet wird. Es hilft bei vielen Krankheiten, die Symptome zu bekämpfen, ohne den Körper zu vergiften. Es ist entzündungshemmend, schmerzlindernd, hilft beim Schlafen, unterstützt beim Fokussieren und heitert die Psyche auf und das ist noch lange nicht alles. Es ist also bei vielen Leiden ein Versuch wert, Cannabis als Medizin auszuprobieren. Sprechen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt darauf an. Ich als Präsidentin von MEDCAN kann Ihnen nur von den vielversprechenden Rückmeldungen unserer Mitglieder erzählen. Viele konnten Ihre Symptome lindern und die Lebensqualität positiv verändern. Deswegen setzt sich der Verein auch so engagiert dafür ein, dass Cannabis als Medizin verwenden werden darf.